Gesichter der TSG – Marco Felkl

Hier ist es, das erste Interview unserer Jubiläumsreihe zum 125-jährigen Bestehen der TSG Oberbrechen!

Heute werfen wir einen Blick auf das vielfältige Engagement von Marco Felkl innerhalb der TSG. Von seinen Anfängen im Wettkampfturnen bis hin zur Gründung der Parkour-Abteilung hat Marco eine beeindruckende Reise durch die Welt des Sports zurückgelegt. In unserem Interview teilt er seine Leidenschaften, Herausforderungen und Ziele für die Zukunft der TSG Oberbrechen.

Kein Fels ist vor ihm sicher. Parkour, Klettern und viele weitere Sportarten sind Marco´s Leidenschaft, weshalb diese auch im Urlaub gerne und überall ausgeübt wird.

Marco, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, an unserer Interviewreihe im Rahmen des 125-jährigen Jubiläums der TSG teilzunehmen. Einige Mitglieder kennen dich bereits durch dein Engagement, doch viele sicherlich auch noch nicht. Erzähl uns doch ein wenig über dich und deine Vergangenheit. Woher kommst du, was trieb dich zur TSG und was begeistert dich am Sport?

Marco: Die Begeisterung zum Sport ist in all meinen Lebensabschnitten integraler Bestandteil meines Lebens. Als Wiesbadner Bub lernte ich schon früh die Vereinswelt kennen. Alles nahm seinen Lauf mit dem Wettkampfturnen und später folgte parallel dazu Tischtennis. Das Turnen war eine große Leidenschaft von mir, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir damals immer mit einem alten T3-Bus von Wiesbaden nach Bad Schwalbach zum Wettkampf fuhren. Ich dachte immer, dass wir aussteigen und schieben müssten, doch den Berg haben wir tatsächlich immer mit Ach und Krach gepackt, und am Ende gab es immer für jeden eine Tafel Schokolade. Vielleicht alles ein Grund, weshalb es auch heute im Parkour oft Gummibärchen beim Speed-Contest gibt und wir privat mit einem T2 zum Fels fahren . Auch an einen Show-Auftritt kann ich mich noch erinnern, bei dem der damals noch sportliche Oberbürgermeister aus Wiesbaden unvorhergesehen Saltos mit uns schlug . Leider ging der Trainer in den Ruhestand, die Truppe löste sich auf und auch ich zog mich aus dem Vereinsleben zurück. In meiner späteren Jugend kam dann das Mountainbike dazu und noch in der Schulzeit fuhr ich allein mit meinem Kumpel über die Alpen zum Gardasee. Der Weg mit dem Bike ging dabei über Klettersteige und so startete eine neue sportliche Leidenschaft von mir, die bis heute zu meiner Nummer 1 Sportart zählt, das Klettern. Doch Klettern ist vielmehr eine Lebenseinstellung für mich. Geklettert wird eigentlich alles, was es zu klettern gibt: Sportklettern, Alpinklettern, Bouldern, Tradklettern, Eisklettern, Höhlenklettern, Buildering, und auch Bäume sind nicht sicher vor mir . Mit dem Klettern startete auch meine „Karriere“ als Trainer in der Klettergruppe der Hochschule und der Rückkehr zu einem vereinsähnlichen Gebilde . Nach meiner Promotion wechselte ich an die TU Aachen, wo ich in der Lehre und Forschung tätig war. Der im Sport wichtige Bewegungsapparat beim Menschen war dabei nicht nur ein Begriff in einem Buch, sondern wurde dabei sprichwörtlich „anatomisiert“ . Mit der Geburt unserer Tochter änderte sich die Fokussierungsebene, und wir zogen wenig später in das Elternhaus meiner Frau Verena nach Oberbrechen. So wurde aus dem Stadtmenschen von heute auf morgen ein „halber Oberbrecher“ .  

Wow, das war wirklich eine weitreichende Reise in deine Vergangenheit, die vor allem deine Begeisterung für den Sport nochmal deutlich hervorhebt. Du sagtest, dass du mit der Geburt deiner Tochter quasi zum Oberbrecher wurdest. Bei deinem Engagement für den Verein kann man guten Gewissens auch von einem ganzen Oberbrecher sprechen, doch wann hast du dich dazu entschlossen in den Verein einzutreten und was bewegte dich dazu? 

Marco: Mitglied bin ich durch unsere Tochter Fenja geworden, die ihre ersten Schritte bei der TSG mit dem Eltern-Kind-Turnen (2015) und später dem Kinderturnen, der Leichtathletik und dem Parkour fasste. Ursprünglich waren Verena und ich als Helfer im Turnen unterwegs, doch nach und nach übernahmen wir das Kinderturnen, das wir mit der Hilfe von vielen Helfern leiten. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an alle Helfer! Ab 2021 folgte dann die Parkour-Gruppe, die ich derzeit zusammen mit Verena und Nicole betreue. Zudem bin ich seit der Gründung der HIIT-Gruppe Athlet bei Katinka. Durch das aktive Vereinsleben bin ich vom Stadtmenschen zum „halben Oberbrecher“ geworden , und es ist immer wieder schön ein „Hallo Marco!“ vom Spielplatz zu hören .

Was genau hatte dich zum damaligen Zeitpunkt dazu inspiriert, die Parkour-Abteilung ins Leben zu rufen, und wie fühlt es sich an, zu sehen, wie diese Abteilung gewachsen ist und Kinder begeistert?

Marco: Wie bereits erwähnt gab es in meiner Kindheit keine Nachfolge nach dem Wettkampfturnen und ich führte meinen Sport außerhalb der Vereinswelt weiter, was bei mir gut funktionierte, jedoch leider nicht bei jedem der Fall ist. Auch bei der TSG gab es keinen Folgekurs nach dem Kinderturnen. Eine Herzensaufgabe von mir ist, Menschen zum Sport zu bewegen und zu begeistern. Daran mussten schon viele Familienmitglieder beim deutschen Sportabzeichen oder bei der traditionellen Emsbach-Wörsbachtal Tour im Mai dran glauben .  Ob Klettern, Sk8ten, BMX / Downhill, Slackline, Einrad, Barfußlaufen oder Parkour – keine Sportart ist vor mir sicher, dass ich nicht jemand anderen damit infiziere . Apropos infiziere, das war eigentlich das Gegenteil, was mit der Gründung der Parkour-Gruppe in der ersten Corona Welle beabsichtigt war. Turnen in der Halle war nicht erlaubt, und so gingen wir nach draußen und starteten mit der Parkour-Gruppe in der urbanen Welt / Sportplatz, dem ursprünglichen Zuhause von Parkour. So konnte auch das fehlende Angebot für die Altersgruppe nach dem Kinderturnen komplementiert werden, denn Parkour ist bei uns ab der 2. Klasse bis 99+ Jahre möglich. Jeder in Brechen hatte jetzt die Möglichkeit, Parkour bei der TSG auszuüben. Parkour war zwar nichts Neues für mich, jedoch bot es mir auch die Chance, selbst tiefer in Parkour einzutauchen und besser trainieren zu können. Eine Win-win Situation . Mittlerweile verbringe ich viel Zeit mit Parkour, sowohl aktiv als auch passiv, und es ist zu einer neuen Leidenschaft geworden. Viele Bereiche von Parkour / Turnen / Klettern / Ninja Warrior fließen auf sportlicher Sicht ineinander über, im Lifestyle und der Ausübung hingegen zeigen sich dann die Unterschiede. Zu Beginn der Parkour-Gruppe waren es meist Kinder, die für das Kinderturnen zu alt wurden, doch inzwischen hat sich die Parkour-Gruppe der TSG herumgesprochen, und viele neue Mitglieder aus dem Umland wie Weilburg, Diez, Limburg, Bad Camberg und Idstein kommen zum Training. Auch die Altersgruppe geht weiter nach oben, und es ist schon eine kleine Herausforderung, eine derartig heterogene Gruppe in einem einzigen Kurs unterzubringen. Aber es ist auch schön zu sehen, wie sich Parkour bei der TSG entwickelt und verändert. Ich habe die Möglichkeit, die Athlet*innen auf ihren sportlichen Lebenswegen zu begleiten, was mir große Freude bereitet.

Felswände stellen für Marco keine Grenze sondern eine Möglichkeit eine Herausforderung dar.

Und diese Freude wird, wenn man sich die Zahlen der Kinder anschaut, die in die Gruppe eingetreten sind, definitiv erzeugt! Neben deiner Rolle als Gründer der Parkour-Abteilung engagierst du dich auch hinter den Kulissen bei der Gestaltung der Homepage der TSG. Wie kam es dazu und was macht dir daran besonders Spaß?

Marco: Die Parkour-Homepage fehlte, und mit Webdesign wollte ich mich schon immer einmal intensiver auseinandersetzen, jedoch fehlte das Projekt. So kam eins zum anderen. Man lernt immer wieder Neues, findet Probleme und findet Lösungen. Spaß daran macht, die Lösung zu finden, besser zu werden und aus einem Lite Plugin ohne Aufpreis eine Pro Version zu erzeugen, zu sehen, wie einfach ich Google und Co. dazu bringen kann, Zielgruppen auf meine Seite zu lenken. So etwas unterstützt dann auch die Ziele der TSG. Ich glaube, es ist mittlerweile deutlich leichter geworden, Berichte als Autor zu veröffentlichen bzw. als Leser News auf der Homepage zu finden, egal, welches Endgerät gerade verwendet wird.

Kommen wir noch einmal auf die Parkour-Abteilung zurück. Sicherlich hast auch du den Anspruch hier weiterhin etwas zu entwickeln und auf die Beine zu stellen. Welche Ziele hast du für die Abteilung in naher und ferner Zukunft, und wie planst du, diese zu erreichen?

Marco: Wir planen im Jubiläumsjahr zwei Auftritte mit der Parkour Show Gruppe, die sich dazu neu gegründet hat und extra dafür samstags trainiert. Wer Lust hat, gerne melden (Erfahrung Minitramp, Frontflip, ideal Backflip / Sideflip…  und ein paar Vaults übern Kasten solltest du allerdings schon mitbringen).

Bislang haben 38 Athlet*innen erfolgreich das Parkour-Abzeichen absolviert (25 ausstehend), und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Jahr die 50er Marke ankratzen werden. Das sind dann mindestens über 1600 „Einzelprüfungen“, die ich dann mit Sicherheit alle auch mal vorgesprungen bin . In ferner Zukunft sehe ich in Parkour eine Gruppe, die für den Sport Parkour steht und sich damit identifiziert, egal welchen Alters, und weniger ein sportliches Betreuungsangebot, um sich mit Freunden zu treffen und zu spielen. Ich bin gespannt auf die Zukunft und lasse mich überraschen.

Da draußen gibt es sicher einige, die mit dem Begriff „Parkour“ noch relativ wenig anfangen können. Wie würdest du Parkour denen erklären, die vielleicht noch nicht genau wissen, was es ist, und warum glaubst du, dass es eine wertvolle sportliche Aktivität ist?

Marco: Die U30 Generation sollte mit 7 vs. Wild und Jan Schlappen als Teilnehmer oder mit Storror mit knapp 10 Mio. Abonnenten auf YouTube bereits mit Parkour in Kontakt gekommen sein. Doch auch in Filmen, bei jeglichen Verfolgungsjagden (ohne Auto ) ist Parkour mit im Spiel. Jedem potenziellen Bankräuber oder Polizisten empfehle ich Parkour als Sport . Es ist die schnelle, effiziente Fortbewegung von Punkt X zu Punkt Y. Hindernisse wie Mauern, Wände, Zäune, Geländer usw. werden dabei effizient überwunden. Oft findet eine Trennung zum Freerunning statt, bei der die Effizienz und Schnelligkeit nicht mehr im Fokus stehen, doch ein reiner Freerunner würde immer sagen, dass er Parkour betreibt. Wir selbst betreiben beides im Parkour Training: sogenanntes Speed Parkour (auf Zeit eine Hindernislandschaft überwinden) und das Freerunning, bei dem auch die verschiedenen Flips nicht fehlen dürfen. Parkour ist der ideale Sport für den ganzen Körper, für jedes Alter, inklusive einer verbesserten Beweglichkeit und Koordination. Zudem ist er überall in der urbanen Welt umsetzbar. Also nicht erschrecken, wenn plötzlich in Brechen jemand über ihre Mauer springt. Grundelemente sind Laufen, Balancieren, Drehen, Springen, Landen, Hangeln, Klettern und Turnen. Bei vielen Sportarten sind einseitige Belastungen an der Tagesordnung, selbst im Fitnessbereich wird oft eine Zugbewegung wie z.B. der Klimmzug oder eine Ruderbewegung vernachlässigt. Auch das Fallen wird bei Parkour gelernt und ist eine wichtige Eigenschaft für den Alltag. 9 von 10 Langschläfern und Zugfahrern würden Parkour empfehlen, der eine von 10 weiß, dass der Zug immer zu spät kommt . Mittlerweile gibt es Weltmeisterschaften, Red Bull Art of Motion und selbst Olympia steht im Raum. Nicht alle Entwicklungen in Parkour sind gut, doch es ist immer noch eine recht junge, ungezwungene Sportart, die sich stetig weiterentwickelt und verändert.

Auch in der Sporthalle fühlt er sich zuhause. Sein akrobatisches Know-How gibt er als Übungsleiter an viele Kinder und Jugendliche weiter. Die Resonanz in den vergangene Jahren ist dabei außergewöhnlich hoch.

Welche Unterstützung oder Ressourcen würdest du dir wünschen um deine oben genannten Ziele zu erreichen und die Parkour-Abteilung weiter voranzutreiben?

Marco: Das Trainerteam freut sich immer über Verstärkung im Trainerteam, sowohl für Parkour als auch Kinderturnen. Lieber Coach als Couch! Es gibt nur eine falsche Bewegung: keine! Sprich uns einfach an, wir freuen uns auf dich. Es gibt mittlerweile großartige, speziell für Parkour entwickelte Sportlandschaften für die Halle, die leider mit schnell über 10.000€ über einen einfachen Förderantrag hinausgehen. Eine neue, gute Weichbodenmatte, die nicht durchschlägt, wäre eine sowohl für Parkour als auch Kinderturnen sinnvolle Ergänzung, für die Sicherheit und um noch mehr Stationen parallel zu ermöglichen und somit dem Ansturm der Athleten*innen gerecht zu werden. Auch außerhalb der Halle wäre ein jederzeit für alle Athlet*innen zugänglicher Parkour / Calisthenics Trainingsbereich ein Traum in Brechen .

Gibt es abschließend eine besondere Erfahrung oder ein besonderes Ereignis in der Geschichte der Parkour-Abteilung, das dich besonders stolz oder dankbar gemacht hat?

Marco: Besondere Erfahrungen waren sicherlich die drei Fördergeld-Anträge, die ich erfolgreich für die Parkour Abteilung und das Turnen allgemein beantragen konnte. Wir hatten dadurch drei Aktionstage: den Chill & Parkour-Aktionstag, den Ninja-Warrior-Cup und den Akrobatik Aktionstag. Und langfristig bedeutete dies: zwei Airtrack Matten, Crashpad, …, und ein Tablet als Unterstützung im Training. Auch der Midnight Ball, der Mathews Pokal und natürlich der Auftritt auf der Jubiläumsgala 2022 stellen weitere besondere Highlights dar. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie sich die Althelt*innen entwickeln und wie sich dabei unterschiedliche, spezifische Fähigkeiten herauskristallisieren.

Ein perfektes Schlusswort! Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten auf unsere Fragen. Wir hoffen sehr, dass du uns als Ehrenamtler mit deinem umfangreichen Engagement noch lange erhalten bleibst und sind gespannt, was du und vor allem auch die Parkour-Abteilung in den kommenden Jahren noch alles auf die Beine stellen werdet! 

Wer ihn auf den bisherigen Fotos noch nicht erkannte: Hier ist er deutlich zu sehen. Marco (zweiter von links) und seine Frau Verena (zweite von rechts) bekommen stellvertretend für die gesamte Parkour-Abteilung von Julia Münkel-Tumma und Markus Trost den Mathews-Pokal im Jahr 2022 überreicht.